Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister Jürgen Dupper,
Sehr geehrte Mitglieder des Stadtrats,
Sehr geehrte Mitglieder der Stadtverwaltung,
anlässlich des vierjährigen Jubiläums der Erklärung der Stadt Passau zum Sicheren Hafen möchten wir an diesen Beschluss erinnern und uns nach dem aktuellen Stand der Aktivitäten und Entwicklungen hinsichtlich dieser Entscheidung erkundigen.
Am 22. Juli 2019 erklärte sich die Stadt Passau als 79. deutsche Stadt zum „Sicheren Hafen“. Der Beschluss war ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit Menschen auf der Flucht. Als Kommune erklärte sich Passau dazu bereit, mehr Geflüchtete aufzunehmen, als gesetzlich vorgeschrieben, sowie für kommunale Ankunft und Integration zu sorgen. Mittlerweile haben sich über 321 Kommunen und Städte zu Sicheren Häfen erklärt – und es werden immer mehr. Gemeinsam bilden sie eine starke Gegenstimme zur Abschottungspolitik der EU.
Schon 2015, einige Jahre vor der Erklärung zum Sicheren Hafen, haben Stadt und Landkreis Passau gezeigt, wozu sie in der Lage sind, als zahlreiche Menschen in Stadtgebiet ankamen – auf der Suche nach Zuflucht und Sicherheit. Hunderte Ehrenamtliche haben mit den Behörden und der Polizei zusammengearbeitet, um die Ankommenden mit Essen, Getränken und in Erstaufnahmeeinrichtungen wie den städtischen Turnhallen zu versorgen und sie für ihren weiteren Weg und auch ihr Verbleiben in Passau zu unterstützen. Auch mit Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 hat sich das große Engagement gezeigt – binnen kürzester Zeit wurden städtische und ehrenamtliche Helferkreisstrukturen gebildet, Wohnräume zur Verfügung gestellt, Spendensammlungen koordiniert und bürokratische Prozesse schnell und unkompliziert abgewickelt.
Gerade in Zeiten, in denen sich die EU-Migrationspolitik mehr und mehr verschärft und es sich für Schutzsuchende immer schwieriger gestaltet, sichere Zuflucht in Europa zu finden, darf Passau sich nicht nur auf dem Papier als Sicherer Hafen präsentieren. Sichere Häfen sollen ihre politischen Möglichkeiten als Kommunen nutzen, um aktiv Veränderungen in der Migrations- und Aufnahmepolitik zu bewirken. Dazu gehört neben der öffentlichen Solidaritätserklärung auch der Einsatz für sichere Fluchtwege und die Unterstützung der Seenotrettung oder die Gewährleistung eines menschenwürdigen kommunalen Ankommens. Alle einschlägigen Aktivitäten sollten zudem veröffentlicht werden, um Transparenz zu schaffen.
Wir fordern Sie deshalb auf, sich den Beschluss in Erinnerung zu rufen und der Verantwortung gerecht zu werden. Zeigen Sie Solidarität und Menschlichkeit und leisten Sie einen Beitrag zum Schutz von Menschen auf der Flucht, indem Sie die Anforderungen an Sichere Häfen vollständig umsetzen.
Bisher ist weder in den Archiven noch auf der Homepage der Stadt etwas unter dem Schlagwort zu finden. Die Aktivitäten der Stadt als Sicherer Hafen sind daher nur schwer nachzuvollziehen. Wir möchten deshalb wissen, was die Stadt Passau in den letzten vier Jahren unternommen hat, um dem Beschluss zum Sicheren Hafen gerecht zu werden.
Die Stadt Passau bitten wir deshalb, uns folgende Informationen nach der Informationsfreiheitssatzung zuzusenden:
- Solidaritätserklärung
- Steht die Stadt Passau weiterhin hinter ihrer Resolution vom 22. Juli 2019, dass sie ein Sicherer Hafen ist und die damit einhergehenden Kriterien umsetzt?
- Erklärt sich die Stadt Passau solidarisch mit allen Menschen auf der Flucht, insbesondere Menschen in Seenot?
- Aktive Unterstützung der Seenotrettung
- Hat die Stadt Passau eine Bootspatenschaften oder finanzielle Hilfen für zivile, also private Seenotrettungsmissionen auf dem Mittelmeer übernommen oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung der privaten Seenotrettung durchgeführt? Wenn nein, ist dies geplant?
- Setzt sich die Stadt Passau für staatliche Seenotrettungsmissionen ein?
- Gibt es öffentliche Solidaritätsbekundungen mit privater Seenotrettung auf dem Mittelmeer von Organen der Stadt Passau?
- Aufnahme zusätzlich zur Quote
- Hat die Stadt Passau seit Juli 2019 Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, aufgenommen? Wenn ja, wie viele?
- Hat sich die Stadt Passau gegenüber dem Staat Bayern und der Bundesregierung dazu bereit erklärt, zusätzliche Aufnahmeplätze für Asylsuchende verlässlich zur Verfügung zu stellen?
- War die Stadt Passau in der Vergangenheit Teil eines Relocation-Verfahrens oder ähnlicher Verfahren, durch die Geflüchtete aus anderen EU-Staaten oder Kommunen umverteilt werden?
- Wie viele Kapazitäten hat die Stadt Passau für die Unterbringung von Asylsuchenden?
- Wie sind die aktuellen Aufnahmequoten der Stadt und welche freien Kapazitäten zur Versorgung und Integration von Geflüchteten gibt es derzeit in Passau?
- Aufnahmeprogramme unterstützen
- Hat sich die Stadt Passau bisher für die Einführung einer eigenständigen Norm zur kommunalen Aufnahme entsprechend dem § 23 Abs. 1 AufenthG zur eigenständigen Aufnahme durch die Länder eingesetzt? Wenn ja, wie?
- Kommunales Ankommen gewährleisten
- Was hat die Stadt Passau seit 2019 unternommen, um die gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten Menschen zu verbessern?
- Stellt die Stadt Passau Dolmetscher:innen für Geflüchtete bei Behördengängen zur Verfügung? Wenn nein, wieso nicht?
- Für welche Formulare, insbesondere des Ausländeramts, stehen Übersetzungen bzw. übersetzte Ausfüllhilfen zur Verfügung? Für welche Formulare nicht? Und weshalb nicht?
- Wie wird sichergestellt, dass geflüchtete Menschen in die Passauer Gesellschaft integriert werden? Welche Angebote gibt es dafür? Sind diese Angebote auch für Menschen zugänglich, die kein deutsch oder englisch verstehen? Sind diese auch für Menschen jeden Alters und Menschen mit Behinderung zugänglich?
- Was plant die Stadt Passau, um die Wohnraumsituation für Geflüchtete in Passau zu verbessern (z.B. um kurzfristige Lösungen wie das Containerdorf zu vermeiden)?
- Wie unterstützt die Stadt Passau Menschen mit Aufenthaltsgenehmigung, eine Wohnung auf dem Wohnungsmarkt zu erhalten?
- Warum übernimmt die Stadt Passau nicht die möglicherweise entstehenden Mehrkosten und Risiken für die WGP, damit Geflüchtete bessere Chancen auf dem Wohnungsmarkt in Passau haben?
- Plant die Stadt Passau zusätzlichen Wohnraum für Asylsuchende zu schaffen, um eine unkomplizierte Aufnahme zu gewährleisten?
- Was macht der Lenkungsausschuss Integration der Stadt Passau? Wer sitzt in diesem Ausschuss und wie oft tagt er? Sind die Protokolle des Ausschusses frei einsehbar? Wenn ja, wo?
- Wieso hat die Stadt Passau eine Straße zum neuen Abschiebegefängnis gebaut, wenn ein solches den Werten eines Sicheren Hafens widerspricht?
- Nationale und europäische Vernetzung
- Setzt die Stadt Passau sich auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv für sichere Fluchtwege und die Umsetzung der Forderungen für den Sicheren Hafen ein? Wenn ja, wie?
- Inwiefern ist die Stadt Passau mit NGOs oder zivilen Seenotrettungsorganisationen an den EU-Außengrenzen im Austausch oder hat Interesse daran?
- Bündnis „Städte Sichere Häfen“
- Inwieweit vernetzt sich Passau mit anderen europäischen Städten, die sich zu Sicheren Häfen erklärt haben, und tauscht sich mit diesen über Aktivitäten zum Schutz Asylsuchender und zur Aufnahme von Geflüchteten aus?
- Plant die Stadt Passau dem Bündnis „Städte Sichere Häfen“ beizutreten und an den Treffen teilzunehmen?
- Transparenz
- Wurden alle unternommenen und werden alle zukünftigen Handlungen zum Erreichen des Sicheren Hafens veröffentlicht? Wenn ja, wo?
Dies ist ein Antrag nach der Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Stadt Passau (Informationsfreiheitssatzung Passau). Ausschlussgründe liegen m.E. nicht vor.
Aus Gründen der Billigkeit und insbesondere auf Grund des Umstands, dass die Auskunft in gemeinnütziger Art der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden wird, bitte ich von der Erhebung von Gebühren abzusehen. Sollte die Aktenauskunft Ihres Erachtens gebührenpflichtig sein, bitte ich, mir dies vorab mitzuteilen und dabei die Höhe der Kosten anzugeben.
Ich verweise auf § 6 Abs. 1 und bitte, mir die erbetenen Informationen unverzüglich, spätestens nach Ablauf eines Monats zugänglich zu machen.
Sollten Sie für diesen Antrag nicht zuständig sein, bitte ich, ihn an die zuständige Behörde weiterzuleiten und mich darüber zu unterrichten.
Ich bitte um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) und um Empfangsbestätigung. Ich danke Ihnen für Ihre Mühe.
Eine Anfrage zur Beantwortung der Fragen haben wir außerdem über FragDenStaat eingereicht, um die Korrespondenz öffentlich zu dokumentieren und zu archivieren.
Mit freundlichen Grüßen
Seebrücke Passau
Unterzeichnet von
- Seebrücke Passau
- Lybid
- Integrationshilfe Passau e.V.
- Bayerischer Flüchtlingsrat
- die Juristinnen*
- Arbeitskreis kritischer Jurist*innen Passau
- Azadi Passau
- Hochschulgruppe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
- Liste der unabhängigen kritischen Student*innen
- Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Kreisverband Passau
- Sierra Leone Union Passau
- Fridays For Future Passau